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2009-03-10

„Ich will nicht erneut zum Opfer gemacht werden“ (Sächsische Zeitung - Kamenz)

Gespräch: Frank Oehl

Kreisrat Maik Förster hält an seiner Kritik an der Stasi-Aufarbeitung im Kirchenbezirk Kamenz fest.

Herr Förster, Superintendent Wolfgang Müller hat in der SZ einen besonneneren Umgang mit dem Thema Stasi und Kirche angemahnt. Sie sind damit nicht einverstanden?

Ich bin enttäuscht, dass mir unterstellt wird, die Kirche in Kamenz pauschal zu verurteilen und eine Verstrickung der Suptur mit der Stasi quasi zu erfinden, Das kann so nicht stehen bleiben. So fühle ich mich erneut zum Opfer gemacht.

Das deutet auf dringenden Gesprächbedarf hin ...

Genau. Seit ich meine Akte kenne, also seit 1998, versuche ich mit dem Superintendenten ins Gespräch zu kommen. Er hat dies stets abgelehnt. Auch im Vorfeld unserer Ausstellung im Bibelgarten habe ich ihn gebeten, darüber mit uns zu sprechen – denn er kann die Aktenlage von mir nicht bewerten, wenn er sie nicht gesehen hat.

Was ist das Ergebnis Ihrer Recherche?

Die mir vorliegenden Akten sprechen eine klare Sprache. Ein IM „Kirchberg“ war hauptamtlicher Mitarbeiter der Kanzlei auf der Kirchstraße 20. Die Interna waren und sind der Superintendentur immer bekannt gewesen, und im Außenverhältnis macht es auch keinen Unterschied, ob derjenige direkt bei der Superintendentur beschäftigt war.

Der damalige Superintendent war also kein Zuträger ...

Nein, er war kein IM, das brauchte er auch nicht zu sein, denn er hat auch so das Spiel der Stasi – vermutlich ungewollt – mitgespielt. Die Gruppe junger Christen um meine Person sollte in Konflikt mit der Kirche gebracht werden, dass war der Stasi-Auftrag. Dieser wurde auch von jenen in der Kirche unterstützt, denen unsere Arbeit zu fromm war.

Das wirft ein Zwielicht auf die Institution Kirche ...

Ich finde es schlimm, dass man auch 20 Jahre später die dunklen Seiten nicht ansprechen will. IM „Schwager“ als Pfarrer, IM „Henry Köster“ von der Hauptbibelgesellschaft und der bis heute durch im Kirchenbezirk hofierte IM „Wunderlich“ und die kleineren Lichter IM „Else“ oder „Ralf“ garnieren mein 1000-seitiges, fremdgeschriebenes Tagebuch. Dass ich darüber schweigen soll, das ärgert mich.

Deshalb soll nun böses Blut zwischen der Kirche in Kamenz und Ihnen fließen?

Nein, ich möchte das nicht. Ich wünsche mir, dass die Kirche, die maßgeblich zur Wende beigetragen hat, zu ihrer Vergangenheit steht. Auch zu ihren dunklen Seiten. Das ist nicht mit der Feststellung abzutun, dass ein Mitarbeiter Fehler gemacht hat. Auch die Institution muss dazu stehen. Solange es darüber kein Gespräch gibt, kann man die daraus folgenden Konflikte nicht verstehen und erst recht keinen Schlussstrich ziehen.

Maik Förster bietet während der Ausstellung
im Jugendzentrum Westlausitz Akteneinsicht
täglich bis zum 27.März jeweils 16-17 Uhr an.